Jazz in New York, meine Standortbestimmung
Der Jazz lebt, er muss nicht neu erfunden werden. Die Clubs sind voll - von Musikern, Musikstudenten und Musiktouristen wie wir. Der Konkurrenzkampf ist riesig, das Nieveau enorm hoch. Gespielt werden - meist ohne Noten - Stücke aus dem"Great American Songbook" und Eigenkompositionen . Verblüffend ist die musikalische Klarheit und Präzision. Unter den Musikern herrscht eine strenge Hierarchie, ohne Durchsetzungsvermögen läuft gar nichts.
Persönlich hat mich gefreut, dass die New Yorker Musiker musikalisch am Gleichen Freude haben wie ich und viele meiner hiesigen Musikerkollegen.
Reisetipps
New York ist teuer.
Unbedingt Metrokarte (U-Bahn und Busse) lösen, für 7 Tage $ 31.--, am besten schon am Flughafen GFK - Take the A-train!
Mittagessen im Chinatown - gut und günstig. Takeaways: slice of pizza & beer, etc.
Wer Geld sparen will muss seine Ansprüche nach unten korrigieren.
Jazz - Monats - Agenda: "HOT HOUSE" (print) und "NYCJAZZRECORDS.COM" (print und Website).
Kurze Kurzgeschichten
Im Flugzeug nach N.Y. treffe ich den Schweizer Schlagzeuger Chris Jäger. Im Helikopter - meine Tochter hat mir zu meinem 60. Geburtstag einen Helikopterrundflug geschenkt - lerne ich den Schweizer Pianisten Claude Diallo kennen.
Claude Diallo spielt oft mit dem Schweizer Klarinettisten/Saxofonisten Linus Wyrsch. Linus spielt mit seiner Band im "Silvana", danach nimmt er uns in eine irische Bar im ersten Stock mit, eigentlich mehr ein Wohnzimmer. Dort spielt der legendäre, ältere Gitarrist Gene Bertoncini. Eine familiäre, kleine Jam Session - musikalischer Hochgenuss.
In Harlem, neben dem Apollo Theater, gibt es das Kleidergeschäft Portabella: Bis unter die Decke verrückte Anzüge für die Showbühne. Lukas und ich geraten in einen Kaufrausch.
Die New Yorker Sängerin Ellen Christi schleppt uns ins "Dizzys" im Lincoln Center: Azra Lawrence Quintett mit dem venezolanischen Wunderpianisten Benito Gonzales und Billy Hart am Schlagzeug.
Wir verpassen das Tom Harrell Quintett im "Village Vangard" - ausverkauft. Wir gehen 300 Meter weiter ins "Smalls". Dort spielt das ebenso hochkarätige Quintett des Trompeters Joe Magnarelli. Obwohl alle fünf hervorragend spielen, höre ich vor allem dem Schlagzeuger Victor Lewis zu. Dieser ist 66 und spielt wie Elvin Jones in den besten Tagen.
Wir hören uns noch viele andere Konzerte an, ab und zu gibt es auch hier Bands die "nur mit Wasser kochen". Der Schlaf kommt zu kurz, weil es nach halb zehn Uhr morgens kaum noch etwas zu essen gibt im viel zu kleinen "Breakfast-Rüümli" unseres Hotels. Es herrscht ein dauernder Kampf um einen Sitzplatz.
New York ist einmalig, eindrücklich, gigantisch, die Wiege des Kapitalismus, ungemütlich (vor allem für Raucher) aber ganz sicher das Mekka für alle Jazz-Liebhaber.
Elmar Kluth